Glossar:

Hypergamie

Hypergamie bezeichnet die soziologische und evolutionäre Tendenz, einen Partner mit einem höheren sozialen oder wirtschaftlichen Status zu heiraten ("Marrying Up"). Während sie historisch eine Überlebensstrategie für Frauen war, zeigt sie sich heute in komplexeren Formen wie der "Income Hypergamy" (Einkommens-Hypergamie).

Detaillierte Beschreibung

Hypergamie ist ein relevanter Faktor in der Psychologie der Partnerwahl, dessen Ausprägung sich historisch stark gewandelt hat.

  1. Soziologische und historische Perspektive: In traditionellen, patrilinearen Gesellschaften, in denen Frauen oft geringe eigene wirtschaftliche und soziale Rechte hatten, war die Heirat mit einem Mann aus einer höheren Schicht eine der wenigen Möglichkeiten, materielle Sicherheit und den sozialen Status für sich und die Kinder zu verbessern.
  2. Moderne Forschung und Wandel: In modernen westlichen Gesellschaften ist die Homogamie (Partnerwahl nach ähnlichem Status) zur Norm geworden. Dennoch bleiben hypergame Tendenzen bestehen:
    • Einkommens-Hypergamie: Obwohl Frauen Männer mit gleichem oder sogar niedrigerem Bildungsniveau heiraten (ein Phänomen, das als "End of Educational Hypergamy" beschrieben wird), bleibt die Tendenz, Männer mit höherem Einkommen zu bevorzugen, stark ausgeprägt. Studien wie die von Bertrand, Kamenica und Pan (2015) zeigen, dass Ehen instabiler sind, wenn die Frau deutlich mehr verdient, was auf die anhaltende Relevanz der "männlichen Ernährer-Norm" hindeutet.
    • Universelle Präferenzen: Die wegweisende kulturübergreifende Studie von David Buss (1989) in 37 Kulturen belegte, dass Frauen weltweit "gute finanzielle Aussichten" bei einem Partner signifikant höher bewerten als Männer, was als starker Beleg für eine evolutionäre Grundlage der hypergamen Präferenz gilt.

Kontext

Im Bindungs-Status-Modell ist Hypergamie eine direkte Strategie zur Erfüllung des Status-Bedürfnisses. Es geht dabei nicht nur um pragmatischen Status (Ressourcen, Sicherheit), sondern auch um die unbewusste Wahl eines Partners, der Kompetenz, Stabilität und hohen Wert signalisiert. Während klassische Hypergamie seltener wird, bleibt das zugrunde liegende Prinzip bestehen: Die Wahl eines Partners, der den eigenen gefühlten Status sichert oder erhöht, ist ein fundamentaler Antrieb in der Beziehungsdynamik. Männer zeigen ihrerseits eine Form der "Hypergamie der Schönheit", indem sie Partnerinnen bevorzugen, die als physisch attraktiver wahrgenommen werden, was oft als Austausch von Status gegen Attraktivität interpretiert wird.

Quellen

October 18, 2025

Über den Autor

Lucas Forstmeyer ist Lernarchitekt und Experte für Beziehungsdynamiken. Er unterstützt Paare dabei, aus der Nähe-Distanz-Spirale auszusteigen – durch klare, strukturierte Lernprozesse statt jahrelanger Therapie.
www.beziehungsgarten.de/autor/lucas-forstmeyer