Glossar:

Rechte Hemisphäre (des Gehirns)

Die rechte Hemisphäre ist der Teil unseres Gehirns, der für eine breite, kontextbezogene und unbewusste Wahrnehmung zuständig ist, die uns Sicherheit gibt (nach Iain McGilchrist). Sie ist die Hemisphäre des unmittelbaren, lebendigen Erlebens, der nonverbalen Verbindung und der Co-Regulation.

Detaillierte Beschreibung

Basierend auf der Arbeit des Psychiaters und Forschers Iain McGilchrist, unterscheidet sich die rechte Hemisphäre nicht dadurch, was sie tut, sondern wie sie die Welt wahrnimmt. Ihre Hauptmerkmale sind:

  1. Umfassende, unbewusste Wahrnehmung: Im Gegensatz zur fokussierten, zielgerichteten Aufmerksamkeit der linken Hemisphäre hat die rechte Hemisphäre eine breite, offene Aufmerksamkeit, die ständig den gesamten Kontext scannt. Sie nimmt Dinge als lebendiges Ganzes ("Gestalt") und in ihren Beziehungen zueinander wahr, anstatt sie in Einzelteile zu zerlegen. Dieser unbewusste Scan-Prozess (ähnlich der Neurozeption) ist entscheidend für unser Sicherheitsgefühl.
  2. Instinktive, verkörperte Erfahrung: Die rechte Hemisphäre ist die Basis für unsere unmittelbare, lebendige und verkörperte Erfahrung der Welt. Sie ist der Ort, an dem wir Gesichter als Ganzes erkennen oder die nonverbale Atmosphäre in einem Raum spüren.
  3. Die Hemisphäre der Co-Regulation: Tiefe emotionale Sicherheit entsteht durch die Interaktion auf der Ebene der rechten Hemisphäre. Die Mutter-Kind-Beziehung ist ein klassisches Beispiel für eine von der rechten zur rechten Hemisphäre stattfindende Beziehung. Sie ist die biologische Grundlage für Empathie, nonverbale Verbindung und den Zustand der Co-Regulation, in dem sich zwei Nervensysteme aufeinander einstimmen und gegenseitig beruhigen.

Kontext

Die rechte Hemisphäre ist die neurobiologische Heimat des Bindungsbedürfnisses. Während die linke Hemisphäre die Welt analysiert, kategorisiert und in Werkzeuge zerlegt (was stark mit Aspekten des Status korreliert), erlebt die rechte Hemisphäre die Welt als ein Netz aus lebendigen Beziehungen. Das Gefühl von emotionalem Vertrauen und Sicherheit entsteht, wenn die rechte Hemisphäre durch Einschwingen und Co-Regulation genährt wird. In der Nähe-Distanz-Spirale befinden sich die Partner oft in einem "Hemisphären-Konflikt": Der Verfolger sehnt sich nach der ganzheitlichen, verbindenden Erfahrung der rechten Hemisphäre, während der Vermeider oft im analytischen, problemlösenden Modus der linken Hemisphäre gefangen ist.

Quellen

October 18, 2025